Kieler Nachrichten vom 20.09.2007 >
zurück >
Reiche Ernte auf dem weiten Feld des Jazz
Kiel – Was gibt es eigentlich über diese vier Musiker noch zu
sagen, was nicht schon längst gesagt worden wäre? Nicht viel, wenn
wir ehrlich sind. Wer sich in den letzten zwei Jahrzehnten mit der
regionalen Jazz-Szene in und um Kiel herum befasst hat, dem sind die
Mitglieder des Clasen Köhler Quartetts längst ein Begriff und ein
Garant für erstklassige Bearbeitungen bekannter und vergessener
Stücke aus dem weiten, weiten Feld des Jazz.
Mit beeindruckendem Gespür für Melodie und Rhythmus:
Gesche Clasen und Jens Köhler. Foto Schaller >
Da ist natürlich zuallererst Gesche Clasen, die schweigsame
Frontfrau an der Querflöte, die sich in so ziemlich allen
Musikstilen auskennt und wohl fühlt, die man sich vorstellen kann.
Beim heutigen Konzert im angenehm besuchten KulturForum beweist sie
einmal mehr, dass es vor allem der Jazz der 40er- bis 60er-Jahre
ist, der es ihr angetan hat. Ob Billie Holidays sehnsüchtelnder
Lover Man (Oh, Where Can You Be?), Bobby Timmons'
Proto-Souljazz-Klassiker Moanin' oder Antonio Carlos Jobims
Bossa-Nova-Evergreen Wave – mit beeindruckendem Gespür für Melodie
und Rhythmus zeichnet Clasen auf ihrem Instrument Gesangslinien
nach; und das auf eine Weise, die kühl und warm zugleich erscheint.
An der hochgeschnallten E-Gitarre steht Jens Köhler, Autodidakt und
Leiter des Landesjugendjazzorchesters Schleswig-Holstein, und zupft
die Saiten wie weiland der junge George Benson oder der prägende Wes
Montgomery, dem mit dem verspielten Jazz-Walzer Full House die ihm
gebührende Ehre erwiesen wird.
Es ist fast auf den Monat genau 20 Jahre her, dass Gesche Clasen und
Jens Köhler ihre erste gemeinsame LP, Autumn Leaves, veröffentlicht
haben. Damals wie heute mit von der Partie: Harry Kretzschmar,
mittlerweile einer der Top-Kontrabassisten im norddeutschen Raum und
Mitglied der Polizei Bigband Schleswig-Holstein. Seine Soli sind
zurückhaltend und präzise – eine Eigenschaft, die er übrigens mit
Ulrich „Miele“ Meletschus am Schlagzeug teilt. Meletschus beschränkt
sich fast ausschließlich aufs feine, swingende Besenspiel und
verleiht damit einem Latin-Jazz-Standard wie Luiz Bonfás Manhã de
Carnaval (Black Orpheus) eine geheimnisvolle Verhaltenheit.
Im Publikum sitzen Fans von damals und blutjunge Neueinsteiger von
heute. Bis zuletzt Begeisterung auf allen Plätzen – und das nicht
bloß bei den Puristen. Irgendwann hoffentlich mehr davon.
Von Jens Raschke
band - music -
specials - contact |